Switches – so werden Arzneimittel rezeptfrei
Arzneimittel unterscheiden sich unter anderem darin, ob ein Arzt sie verschreiben muss oder ob Patienten sie rezeptfrei in der Apotheke erhalten. Der Begriff „Switch“ beschreibt die Entlassung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels aus der Rezeptpflicht. Denn Arzneimittel können – in einem streng regulierten Prozess – aus der Verschreibungspflicht zum Vorteil aller in die Apothekenpflicht entlassen werden. Dabei steht die Patientensicherheit an erster Stelle.
Switches wichtig für eine gute Versorgung
Die Erfahrung mit geswitchten Arzneimitteln ist absolut positiv. In den vergangenen 40 Jahren sind in Deutschland 116 Wirkstoffe von der Verschreibungspflicht entbunden worden. Davon wurden nur drei Switches aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse, die zuvor nicht vorlagen, wieder rückgängig gemacht. Deutlich treten die Vorteile von Switches hervor:
- Patienten profitieren: Für Patienten ist es einfacher, Arzneimittel einfach aus der Apotheke zu holen und sich dort beraten zu lassen. Der zeitintensive Arztbesuch entfällt. Patienten können so zügiger mit der Behandlung beginnen – entsprechend schneller werden sie gesund, und die Ansteckungsgefahr sinkt.
- Ärzte werden entlastet: Immer weniger Ärzte müssen sich um immer mehr Patienten kümmern. Besonders in ländlichen Regionen fehlen Mediziner. Es ist daher von Vorteil, wenn Patienten sich bei weniger gravierenden Gesundheitsproblemen in Apotheken beraten lassen und so eine Selbstmedikation starten, anstatt die Arztpraxen aufzusuchen.
- Gesundheitssystem spart Ressourcen: Werden Arzneimittel aus der Verschreibungspflicht entlassen, müssen sie von den Krankenkassen nicht weiter finanziert werden. Zudem fallen die Kosten für viele Arztbesuche weg. Darüber hinaus profitiert die Volkswirtschaft als Ganzes: Da sie besser mit Arzneimitteln versorgt sind, sind Mitarbeiter tendenziell gesünder, die Zahl der Krankheitstage sinkt.
Safety first
Die Vorteile von Switches sind damit offensichtlich. Aber wichtig ist insbesondere in Deutschland auch: Arzneimittel werden nur unter der Bedingung „Safety first“ verschreibungsfrei. Dieser Ansatz ist richtig. So muss vor einem Switch kritisch analysiert und diskutiert werden, ob der Wirkstoff sicher genug ist, um aus der Aufsicht des Arztes entlassen zu werden. Die Symptome der entsprechenden Erkrankung sollten Patienten leicht erkennen und sie sollten das Arzneimittel einfach anwenden können. Wegen des „Safety First“-Gedankens sind deutsche Behörden in Sachen Switch eher zurückhaltend.
Switch-Prozess in Deutschland
Hier erklären wir den Ablauf des Switch-Prozesses – also, wie ein Arzneimittel verschreibungsfrei wird – in acht Schritten:
- Ein Arzneimittel-Hersteller reicht einen Switch-Antrag ein.
- Die zuständige Bundesoberbehörde, meist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), prüft, ob die eingereichten Dokumente vollständig und schlüssig sind.
- Das BfArM setzt den Antrag auf die Tagesordnung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht und übermittelt diesem eine Stellungnahme.
- Der Sachverständigenausschusses diskutiert den Antrag während einer Sitzung.
- Das BfArM übermittelt nach der Sitzung des Ausschusses eine Empfehlung an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG).
- Stimmt das BMG mit der Empfehlung des Ausschusses überein, entwirft es eine Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Es sendet den Verordnungsentwurf zur Kommentierung an die sogenannten Verkehrskreise. Das sind die „Stakeholder“, also die Organisationen der Heilberufe, die Industrieverbände und viele weitere Organisationen, die den Entwurf kommentieren können. Danach überarbeitet das BMG den Entwurf gegebenenfalls noch einmal.
- Das BMG übermittelt den überarbeiteten Verordnungsentwurf zur Änderung der AMVV an den Bundesrat.
- Der Bundesrat diskutiert und beschließt eine Verordnung zur Änderung der AMVV. Diese wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit gültig.
Drei wichtige Voraussetzungen für Switches
- Der Wirkstoff muss für die Selbstmedikation geeignet sein. Voraussetzungen sind: wenige Nebenwirkungen, keine relevanten Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, keine weiteren schädlichen Wirkungen.
- Patienten sollten die Darreichungsform leicht anwenden können. Tabletten und Salben zum Beispiel sind eher einfach handzuhaben, Spritzen eher weniger.
- Patienten müssen die Symptome der Erkrankung korrekt erkennen können und in der Lage sein, die Therapie ohne einen Arzt sicher durchzuführen.